Geschrieben von
Jan Scharnofske

Australien streitet mit Google und Facebook

Veröffentlicht am 
26. Februar 2021
[social_warfare]

In Australien will die Regierung Google und Facebook dazu verpflichten, einige Einnahmen an News-Konzerne abzutreten. Doch die Verhandlungen laufen überhaupt nicht wie geplant: Google kündigt an ihre Suchmaschine möglicherweise für alle Australier abschalten zu müssen. Facebook sperrt prompt alle Accounts von Nachrichten und Regierungsseiten. Wie sind wir hier gelandet?

Springen wir kurz in der Zeit zurück. Es ist der vierte Februar 2004. Das soziale Netzwerk Facebook geht online. Genau wie andere soziale Netzwerke zeigt Facebook die wohl größte Stärke des Internets: Vernetzung. Egal ob zwischen Mensch und Mensch, Kunden und Unternehmen oder Menschen und Inhalten. Alles zwischen Internationalen Neuigkeiten und Katzenvideos des Nachbarn ist nur wenige Klicks entfernt. Plötzlich sind enorm viele Informationen kinderleicht zu konsumieren. Ein enormer Wert für die Gesellschaft.

Gleichzeitig macht Google das Internet navigierbar. Die Suchmaschine wird zum meistgenutzten Schlüssel zu den gewaltigen Informationsmengen des Internets. Mit der Zeit wächst die Internetnutzung an, ganze Gesellschaften wandelt sich. Google und Facebook werden zu zwei der wichtigsten Seiten des Internets. Beide gehören inzwischen zu den wertvollsten Unternehmen der Welt und womöglich auch zu den mächtigsten. Für viele sind die Dienste der Tech Giganten kaum noch aus dem alltäglichen Leben wegzudenken.

Warum setzt sich Australien für Verlage ein?

Zeitungen in der Krise, Print Medien in der Krise

Als die Internetnutzung zunimmt gerät die Print-Branche und damit auch viele Nachrichtendienste ins wanken. Anstatt sich eine Zeitung zu kaufen finden immer mehr Menschen ihre tagesaktuellen Nachrichten im Internet – zum Beispiel über Google und Facebook. Etablierte News-Konzerne geraten in eine Monetarisierungskrise und das obwohl sie ein wertvolles gesellschaftliches Gut für demokratische Gesellschaften sind.

Die Macht am Markt der riesigen Tech Konzerne, insbesondere die von Google und Facebook, soll begrenzt werden, gleichzeitig braucht die Nachrichtenindustrie Unterstützung. In einem Versuch zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen kommt den australischen Behörden eine Idee: der „Media News Barging Code“.

Vorgesehen ist ein Gesetz, welches digitale Plattformen dazu verpflichtet, Nachrichtenkonzerne zu bezahlen, wenn diese auf der Plattform verlinkt werden. Schließlich gäbe es keine qualitativen Inhalte, die auf den Plattformen geteilt werden könnten, wenn journalistische Unternehmen sie nicht produzieren würden. Scheint logisch, ist für die digitalen Giganten aber ein großes Problem.

Google kritisiert und verhandelt

Google äußert Kritik am Vorhaben der australischen Regierung und nennt in einem Blogpost einige Forderungen des Gesetzesentwurfs „nicht umsetzbar“. Würde das Gesetz durchgesetzt werden wie ursprünglich vorgeschlagen, müsse Google ihren Dienst für alle Australier einstellen, ein Szenario, was sich wohl weder Google noch Australien wünscht.

Das Problem läge dabei bei der Art und Weise wie Google zahlen soll. Nach eigenen Angaben zerstöre das Bezahlen für Links die Funktionsweise einer Suchmaschine. Auch sei das Weglassen der Links zu News-Seiten aus den Suchvorschlägen unmöglich. Grund dafür ist die verwendete Definition von Nachrichten, nach der fast jede Information als eine Nachricht gelten könne.

Außerdem seien die Zahlungen schlichtweg unfair, schließlich profitieren die Nachrichtenseiten von Traffic, der von Google kommt.

Google selbst, aber auch andere Sprecher argumentieren außerdem, dass das Gesetz die Freiheit des Internets gefährdet. Allen voran Tim Berners-Lee, der Erfinder des World Wide Webs. Die kostenlose Verlinkung von einer Website zu anderen müsse dringend gewahrt werden. Logisch, ein Netz in dem gewisse Vernetzungen kostenpflichtig sind wird weniger Vernetzungen haben und zweifellos ein schlechteres sein.

Googles Pläne für den Journalismus

Im Blogartikel des Suchmaschinengiganten wird aber auch betont, dass Google das zugrundeliegende Problem sieht. Journalistische Arbeit muss auch in einer Zukunft entlohnt werden, in der keiner mehr Zeitung kauft. Dafür hat Google einen eigenen Plan: Googles Produkt „News Showcase“.

News Showcase verspricht ein Nachrichtenprodukt, dass Artikel von vielen verschiedenen Verlagen nutzt. So soll zum Beispiel von einem Artikel zu anderen, ähnlichen Artikeln verlinkt werden. Auf diese Weise könnten Nutzer mehr über ein Thema erfahren oder die Perspektiven anderer Berichterstatter sehen. Wer im Rahmen dieses Produkts publizieren will, geht einen Vertrag mit Google ein, welcher Pauschalzahlungen an das journalistische Unternehmen vorsieht.

Auf der einen Seite ist dieser Vorschlag eine Lösung für beide Seiten – Google und News-Konzerne verhandeln einen Vertrag. Auf der Kehrseite fällt auf, das einer außen vor bleibt: der Staat. Was würde passieren wenn Google die Wichtigsten News-Konzerne der Welt von sich abhängig macht? Staaten auf der ganzen Welt müssen sich womöglich auch hier bald eine Regulierung überlegen, denn Google finanziert bereits viele große Verlage. Als Reaktion auf den Vorschlag des Media News Barging Codes verhandelt Google nun mit australischen Nachrichtendiensten. Partner hat das Projekt aber schon auf ganzer Welt. In Deutschland gehören unter anderem der Spiegel, die Frankfurter Allgemeine Zeitung und Zeit Online dazu.

Facebook gibt sich kämpferisch

Während Google die Verhandlungen mit australischen Nachrichtendiensten sucht, zeigt Facebook direkt, was sie von dem Gesetzesentwurf halten. Ähnlich wie Google kann Facebook nach eigenen Angaben nicht in einer Situation arbeiten, in der gewisse Verlinkungen Geld kosten. Anders als Google, empfindet Facebook das Sperren solcher Links aber als machbar.

Am 18. Februar war es dann soweit, plötzlich sind sämtliche Accounts von australischen Nachrichtendiensten und unabhängigen Journalisten gesperrt. Aber auch Seiten der Regierung, unter anderem das Bureau of Meteorology, was für viele Australier jetzt zur Waldbrandsaison besonders wichtig ist, wurden gesperrt.

Grund dafür ist Facebooks Ausführung der Aktion. Anstatt Nachrichten-Accounts nach und nach auf eine Blacklist zu setzen, nutzte Facebook ein maschinelles Lernsystem, welches scheinbar keine Rücksicht auf Verluste nahm.

Obwohl der Großteil der Inhalte auf Facebook nichts mit Nachrichten zu tun hat, demonstriert das Soziale Netzwerk eindrucksvoll, wie sehr es Teil des öffentlichen Lebens geworden ist. Eine Machtdemonstration, die der Regierung die Stirn bietet. Außerdem überlegen jetzt wohl viele Nachrichtenseiten, ob sie mit dem Traffic, der bis jetzt von Facebook auf ihre Seiten kam, nicht besser dran gewesen wären.

Fazit

Was gerade in Australien passiert, ist für die ganze Welt von Interesse und viele Nationen warten gebannt auf das Ausgehen der Situation um zu lernen, wie mit Google und Facebook umzugehen ist. Dass die Verhandlungen zum Teil wie ein Machtkampf aussehen, zeigt was Google und Facebook für eine große Rolle in unserer Gesellschaft spielen – und die werden sie nicht ohne weiteres abgeben.