Nach dem viel diskutierten Sturm auf das Kapitol in Washington, D.C. am 6. Januar 2021 trifft Twitter eine schwerwiegende Entscheidung. Der Kurznachrichtendienst sperrt Donald Trump und auch Facebook und Instagram legen die Accounts des US-Präsidenten kurze Zeit später lahm. Aus der politischen Chaossituation sprießt eine neue Debatte, die die Social Media Plattformen in den Fokus nimmt.
Eine problematische Sperrung
Technisch wie rechtlich verläuft die Sperrung der Social Media Accounts des US-Präsidenten glatt. Twitter verkündet in einem Statement die Lage nach den Regeln der Plattform, bezüglich der Anstiftung von Gewalt, beurteilt zu haben. Ein Unternehmen setzt Richtlinien auf der eigenen Plattform durch; also alles kein Problem?
Angela Merkel widerspricht: sie nennt das Handeln der Plattformbetreiber problematisch, da Twitter und Facebook in diesem Fall die Meinungsfreiheit einschränken. Zwar müssen die sozialen Netzwerke dafür sorgen, dass die Kommunikation auf ihren Seiten nicht mit Hass gefüllt ist, die Meinungsfreiheit solle aber nur vom Gesetzgeber einschränkbar sein.
Ob die Sperrung gerechtfertigt war spielt in dieser Diskussion keine Rolle. Die eigentliche Frage lautet: sollten die Betreiber der Sozialen Medien in diesem Fall die Entscheidungsträger sein? Egal wie man diese Frage beantwortet, eine Sache machen Twitter und Facebook mit ihren Sperren deutlich: sie haben die Macht solche Entscheidungen zu treffen und durchzusetzen, auch wenn es um den Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika geht.
Die Macht der Sozialen Medien
Aber warum müssen wir überhaupt über Meinungs- und Redefreiheit diskutieren wenn ein Unternehmen eigene Regeln auf der eigenen Plattform durchsetzt? Die Popularität dieser Plattformen bietet eine Antwort auf die Frage. Einige Social Media Plattformen verzeichnen schlichtweg so viele Nutzer, dass sie als Teil des öffentlichen Raumes wahrgenommen werden müssen. Hier finden meinungsbildende Debatten statt und ohne Meinungs- und Redefreiheit im öffentlichen Raum funktioniert keine demokratische Gesellschaft.
Aus dieser Perspektive ist die Sperre von Trumps Social Media Accounts keineswegs nur ein unternehmensinternes Durchsetzen von Regeln. Bis zuletzt erreichten die Tweets des Präsidenten der USA über 88 Millionen Follower. Die Sperre muss also auch als ein Begrenzen der Redefreiheit einer Person im öffentlichen Raum gesehen werden, die ein Publikum von über 88 Millionen Menschen hatte. Wenn auch nicht als Machtdemonstration vorgesehen, zeigt das Sperren Trumps, wie sehr einzelne Unternehmen den öffentlichen Raum formen können.
Ein Blick in die Zukunft
Wer von diesem Zeitpunkt aus einen Blick in die Zukunft wagt, könnte mit seinen Vorhersagen leicht ins dystopische abrutschen. Wenn die Social Media Plattformen nicht von der Politik reguliert werden, wächst ihre Macht über den öffentlichen Raum nur weiter an. Schließlich wird prognostiziert, dass die Nutzerzahlen von Sozialen Medien aufgrund des demographischen Wandels weiter zunehmen.
In dieser Dystopie könnten die Plattformbetreiber den öffentlichen Kurs durch Zensur größtenteils lenken, und das weit über Landesgrenzen hinaus, schließlich sind Twitter und Facebook globale Plattformen. Soweit muss es aber keineswegs kommen, es muss jetzt nur anerkannt werden, dass unsere Informations- und Diskussionskultur ein Problem hat: Teile des öffentlichen Raumes liegen in der Hand privater Unternehmen.
Damit die Staaten ihr Monopol über die Einschränkung von Meinungsfreiheit nicht an Twitter, Facebook, etc. abgeben, müssen Regulierungen her. Außerdem könnten die Monopolstellungen einiger Plattformen angegriffen werden, um die Macht jedes Plattformbetreibers zu begrenzen. Nutzer, Betreiber und Staat gleichzeitig gerecht zu werden, könnte eine enorme Aufgabe werden.
Fazit
Die Sperrung der Social Media Account von Donald Trump, dem Präsidenten der USA, macht deutlich, wie viel macht den Sozialen Medien beim Formen des öffentlichen Raums zukommt. Damit die Entscheidungsmacht über Einschränkungen der Meinungs- und Redefreiheit in der Hand der Politik bleibt, müssen Soziale Medien staatlich reguliert werden. Wie solch eine Regulierung aussehen wird und funktionieren kann, ist noch ungewiss.